Knigge für Gutachter*innen und Sachverständige?

1. Februar 2024

Ja, gibt es denn sowas? Was soll das denn sein? Ich weiß, wie ich mit Messer und Gabeln essen muss! Sonst noch was? Knigge, brauche ich nicht!

So oder ähnlich stelle ich mir die Reaktionen auf die Ankündigung im Titel vor. Das Wort „Knigge“ ist für manche sicherlich kindheitsbedingt ein Reizwort.

Aber ein „Knigge“ kann ein Verhaltenskodex sein. Adolph Franz Friedrich Ludwig Freiherr Knigge, Schriftsteller und Aufklärer, wurde durch sein soziologisches Werk „Über den Umgang mit Menschen“ bekannt. Als Benimmratgeber verstehen ihn heutzutage viele Befürworter und Ablehner.

 

Was aber hat ein Knigge mit Sachverständigen und Havariekommissaren zu tun?

Muss ich etwa jetzt mit Schlips und Kragen zu meinen Besichtigungen? Muss ich Frauen bei dieser Arbeit den Vortritt lassen, auch auf ein Gerüst? Wem soll ich die Hand zuerst schütteln?

Nein, darum geht es nicht.

Vielmehr geht es mir um den Umgang mit den Versicherungsnehmern, den Geschädigten, den Besichtigungsteilnehmern und allen am Schaden und an der Schadensbeseitigung beteiligten Personen.

Eine im Umgang mit Menschen wichtige Regel, die viel eher zum Erfolg führt als die Missachtung derselben, ist die aus dem Rechtswesen entlehnte Regel „in dubio pro reo“ – „im Zweifel für den Angeklagten“.

Im Strafprozess darf ein Angeklagter so lange nicht verurteilt werden, wenn dem Gericht Zweifel an der Schuld des Angeklagten bleiben. Im übertragenen Sinne bedeutet dies, dass Geschädigte, unabhängig ob privat oder aus der Geschäftswelt, nicht grundsätzlich und immer „Versicherungsbetrüger“ sind.

Den Menschen, die einen Verlust reklamieren, gebührt zunächst ein Maß an Respekt und Vertrauen. Bereits bei der Begrüßung wird der Grundstein für eine gute Schadensbearbeitung, für saubere Recherchen und eine realistische Ermittlung aller Eckdaten für das Gutachten oder den Bericht gelegt.

Eine weitere Regel lautet, “Was du nicht willst, dass man dir tut, das füg‘ auch keinem anderen zu.” Es ist eine Aufforderung, sich selbst in der Situation der Schadensbeteiligten zu spiegeln. Natürlich dürfen Sachverständige empathisch sein und selbstredend dürfen sie auch Personen sympathisch finden. Ihre Neutralität soll es nicht beeinflussen können. Negative Einstellung gegenüber vom Schaden betroffenen Menschen ist kein guter Umgang und erschwert nur unnötig die Schadensbearbeitung aller.

Beispielsweise gibt es auch eine ungeschriebene Regel, die ich für sinnvoll halte. Bei kontradiktorischen Besichtigungsterminen, also Anwesenheit von zwei und mehr Gutachtern, hat der Gutachter, welcher für die Sachversicherung kommt, die Leitung des Termins bzw. eine führende Rolle oder auch eine Moderatorenrolle.

Die Gutachter, die von Haftpflichtversicherungen eingeschaltet werden, ordnen sich nicht unter, aber ein. Dazwischen Quatschen oder die Besichtigung an sich zu reißen und die Ermittlungen für den Sachversicherer zu behindern ist aus meiner Sicht ein „no go!“. Umgekehrt gilt natürlich, dass die Sachverständigen vom Sachversicherer die Ermittlungen der Haftpflichtversicherer weder behindern noch verfälschen. Merke: Nur ein Regress, der nicht vor Gericht muss, ist ein guter Regress! Diesen zu ermöglichen, ist auch eine wichtige Aufgabe von Sachverständigen.

In unserem Lehrgang „Experten im Schadensmanagement – Havariekommissar*in“ sprechen wir auch über Leitsätze, Leitmotive und Selbstverpflichtung oder schlicht über den Umgang mit Menschen.

Interessiert?
Wir bieten den Lehrgang auch für Gutachter anderer Fachrichtungen an.

Mehr dazu auf www.schadenpraeventer.de

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Der nächste Lehrgang findet vom 23. – 27.09.2024 in Köln statt.

Bis Ostern 2024 gibt es noch den Frühbucherrabatt mit 5 %.

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